Rote Grabsteinfliese der Eheleute Braren auf dem Friedhof in Süderende   Foto: Andreas Hansen

Neue Serie »200 Jahre Werk des Föhrer Malers Oluf Braren«: TEIL 1

Vom Außenseiter zum künstlerischen Stolz der Insel

»Nur der Erdenleib wird Erde, sein Bewohner bleibt.« So lautet die Umschrift auf dem Grabstein des Föhrer Malers Oluf Braren (1787-1839) und seiner Frau Merret (1783-1859). Zu Lebzeiten wurde Braren auch wegen seiner Lebensumstände verkannt. Ebenso wird er selbst sich seiner Bedeutung als Künstler nicht bewusst gewesen sein. Doch bereits 100 Jahre nach seinem Leben schwärmt die Kunstwelt vom vielleicht »ursprünglichsten unter den nordfriesischen Malern« (Curt Gravenstein). Wassily Kandinsky schreibt in »Der Blaue Reiter« (der bedeutenden Kunstschrift des frühen 20. Jahrhunderts), dass in den Arbeiten Brarens die Verkörperungsformen der Kunst in der Abstraktion wie auch in der Realistik zum Ausdruck kommen. Ein großes Kompliment! So gilt Braren als Vorbild der Moderne und des Expressionismus, wird sogar auf eine Stufe mit Henri Rousseau, dem Vater der naiven Malerei, gestellt. Oder wie es Kunsthistoriker Ernst Schlee ausdrückt: »Schlicht, aber ausdrucksstark, einer der bedeutendsten Laienmaler, die es je gegeben hat.« Dabei ist die Schaffenszeit Brarens lediglich auf die Jahre 1813 bis etwa 1830 begrenzt.
Die neue Oluf-Braren-Serie in »WIR Insulaner« soll über das Leben und Werk des bedeutenden Föhrer Malers aufklären. Sie ist mit Hilfe der Forschungen der Ferring Stiftung in Alkersum und insbesondere des Buchs »Oluf Braren: Leben und Werk« von Joachim Taege entstanden, denen an dieser Stelle herzlich gedankt sein soll. Für interessierte Leser ist das Buch in der Ferring Stiftung, im insularen Buchhandel und bei EDEKA Nissen in Utersum erhältlich.

In Oldsum geboren, mit sechs jüngeren Geschwistern dort aufgewachsen, sollte Oluf nach der Vorstellung seines Vaters Brar Braren den Beruf des Schmieds erlernen. Neben der Landwirtschaft betrieb die Familie schließlich im Haus Nr. 46 eine Schmiede. Doch seine Begeisterung galt eher der Literatur und der Natur. Schnell als Außenseiter ausgegrenzt, eignet sich Oluf Braren als Autodidakt mit Hilfe eines Küsters und eines Schulmeisters den Beruf des Lehrers an und tritt 1806 seine erste Lehrstelle auf Sylt an. Dort lernt er auch seine spätere Frau Merret kennen. Schnell stellt sich heraus, dass Braren zusätzlich zum Pädagogischen auch außergewöhnliche Talente als Natursammler und Maler hat. Aus pulverisierten Schalen von Miesmuscheln wird mit Bindemitteln ein kräftiges Blau gemischt, Pflanzen wie Safran oder Indigo ergeben ein helles Braun beziehungsweise ein tiefes Blau. Aus Farberden des Kliffs werden unter anderem Ockertöne gewonnen. Ohne künstlerische Ausbildung, mit etwas Naivität sowie einer irgendwo begrenzten Darstellungsweise beginnt Braren 1813 mit anschaulichen Tierzeichnungen, die er im Unterricht verwendet und in einer Mappe zusammenfasst. Durch Übungen wie dieser hat sich sein Selbstvertrauen gesteigert und er beginnt um 1820, Personen aus seinem nahestehenden Umfeld zu porträtieren. Gewiss auch ein Zeichen der tiefen Verbundenheit zu seiner Heimat.

Ein Selbstbildnis und ein Porträt seiner Ehefrau gehören zu den ersten seiner größerformatigen Arbeiten. Die beiden Aquarelle in den Größen von jeweils 20 x 17 cm sind etwa 1820 entstanden und heute auf dem Museumsberg Flensburg beheimatet. Mit feinsten Pinselstrichen werden Kleidung und insbesondere auch die Frisuren genau dargestellt. Das Medaillon mit seinem Selbstbildnis scheint Merret mit Stolz zu tragen. Dies deutet auf eine Verbundenheit hin, die etwas überrascht, denn eigentlich galt die gebürtige Sylterin als eher einfältig. Geist und Schaffen ihres Gemahls waren sicherlich für sie nicht immer nachvollziehbar. Dieses Nichtverständnis hatte bereits dazu geführt, dass ihr Mann seit langem eine Affäre mit einer ehemaligen Schülerin hatte. Ein Umstand, aus dem noch viel Leid hervorgehen sollte …
Auch wenn das Leben der Eheleute Braren sicher nicht immer glücklich war, so könnte die Umschrift ihres historischen Grabsteins auf dem Friedhof von St. Laurentii in Süderende kaum treffender sein. Die den Grabstein zierenden Palmzweige und eine Krone stehen für das ewige Leben. Ja, der Bewohner bleibt. Durch sein beeindruckendes künstlerisches Werk ist Oluf Braren für die Nachwelt eine bleibende Persönlichkeit. Sein Frau Merret als Wegbegleiterin ebenfalls.
Die weiteren Teile der Serie erscheinen in den nächsten Ausgaben.