Am Grabstein von Broder Riewerts: Joachim Taege und Kristina Schelinski versuchen den Originalzustand zu erforschen   Fotos: Andreas Hansen

Friedhof in Süderende:

Restaurierungsarbeiten wurden fortgesetzt

»Jede Falte hat auch seine Geschichte«, lacht Kristina Schelinski. Die Diplom-Restauratorin vom Landesamt für Denkmalpflege in Kiel ist extra angereist, um mit weiteren Fachleuten auf dem Süderender Friedhof von St. Laurentii den Zustand der historischen Grabsteine vor Ort zu überprüfen. Seit Jahrzehnten wird diskutiert, mit welchen Farben in früheren Zeiten Grabsteine gefasst wurden. Sicher ist, dass eine Malerin aus Toftum in den 1980ern einige Steine farblich aufgefrischt hat. Auch danach wurden von anderen Personen noch Symbole nachgezeichnet. Wenn man sich jedoch Schwarzweiß-Fotos aus den 1930ern oder 1950ern anschaut, liegt die Vermutung nahe, dass Objekte und Hintergründe ursprünglich einmal in anderen Farbtönen abgebildet waren oder sogar nur zweifarbig waren. Wieviel künstlerische Freiheit hat man sich bei den Auffrischungen also gegönnt? Ist etwas verfälscht worden? Und welche Farbreste findet man noch in darunter gelegenen Schichten?

Von Kirchen- und Friedhofsführer Joachim Taege und der von St. Laurentii engagierten Diplom-Restauratorin Stephanie Silligmann lässt sich die Restauratorin aus Kiel die Grabsteine zeigen, die neu gefasst werden sollen. Da ist der Stein des Oldsumer Seemanns Broder Riewerts (1773-1854) mit zwei bunten Fassungen, unter denen aber eine weiße Schicht gefunden wurde. Doch darf man einfach Proben nehmen? Stephanie Silligmann schlägt vor, sich dieses Steins einmal besonders anzunehmen. Sie würde die Schiffsabbildung gern ohne jegliche Selbstverwirklichung etwas reduzierter zeigen. Wohl wissend, dass nach Fertigstellung optisch erst ein Gewöhnungsprozess einsetzen muss. Erst mit dem Altern des Steins würde die beabsichtigte Wirkung nach und nach einsetzen, sagt sie. Kristina Schelinski nickt und fügt hinzu, dass man auch die Schrift dunkler absetzen müsse, um diese lesbarer zu machen.

So werden der Kieler Expertin nach und nach alle derzeit angedachten Projekte vorgestellt. Da sind zwei dicke Sandsteinstehlen zweier Pastoren, bei denen Flechten tief in den Stein eindringen und damit ihn von innen zersetzen. Joachim Taege hat die Steine von Pastor Jens Kirkerup, der aus Kopenhagen stammend 25 Jahre lang erster Pastor von St. Laurentii war und dessen Porträt in der Kirche hängt sowie von der Familie des Pastors Richard Simon Petersen, der zu Zeiten von Oluf Braren wirkte, bereits mit Bürste und Heißwasserbedampfung vorbehandelt. Nun soll der Flechtenbefall entfernt und Rissbildungen sowie kleinere Fehlstellungen beseitigt werden, ohne den Alterungsprozess zu beeinflussen. Selbstredend werden dabei lediglich Materialien verwendet, die dem Stein nicht schaden, sondern eher guttun.
Der Grabstein von Commandeur Ricklef Volkerts (1740-1788) gilt mit seinem Bekrönungsbildnis als einer der schönsten kunstvoll bearbeiteten Steine auf dem Friedhof. Im Herbst wurde er bereits durch Stephanie Silligmann und ihrem Team restauriert. Obwohl er den Winter gut überstanden hat, stand er in gefährlicher Schräglage zu dicht am Wald – welcher keineswegs sein ursprünglicher Platz war. Wie auch der ebenfalls stark geneigte Stein von Commandeur Oluf Ocken (1761-1823) wird er nun auf dem Friedhof versetzt und erhält in einer Seefahrerreihe mit anderen Föhrer Grönlandfahrern seinen gebührenden Platz.
Die Kieler Expertin bestätigt die Notwendigkeit all dieser Arbeiten. Trotz aller optischen Veränderungen müsse das Gesamtbild jedoch stets stimmen. Nun müsse noch das Dezernat Bauwesen, Bau- und Denkmalpflege der Nordkirche zustimmen, dann könne es losgehen. Doch wo soll man Prioritäten setzen? In Polychronie möchte Stephanie Silligmann in der kommenden Zeit die Arbeiten parallel durchführen. Auch bei den 18 roten Sandsteinfliesen an der Nordseite der Kirche würde sie gern die Halterungen ändern und das Kiesbett neugestalten. Doch hier muss erst der Kirchengemeinderat befragt werden. Glücklicherweise ist die Finanzierung des Gesamtprojekts durch das Engagement eines Utersumer Kapitäns in Verbindung mit dem A Söleraanjer e.V., dem Süderender Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte, weitgehend gesichert.