Serie »200 Jahre Werk des Föhrer Malers Oluf Braren«:

Ein Hochzeitsbild als Zeuge der Zeit

War das geplant? Wie dem auch sei, am 4. November 1808 findet im Haus Nr. 244 in Süderende (alte Zählung) eine Haustrauung statt. Es ist das Geburts- und Elternhaus der Braut Krassen Peters (1785-1871). Ihr Bräutigam ist Früd Braren (1788-1875), Bruder des heute legendären Föhrer Malers Oluf Braren. Warum aber Haustrauung? Weil die Braut zu dem Zeitpunkt bereits schwanger und eine kirchliche Trauung daher nicht möglich war. Fünf Monate später sollte sie am 14. März 1809 ihr erstes Kind gebären. Es ist also etwas, was man heute neudeutsch »Shotgun Wedding« nennt. Wo der Vater der Braut (im übertragenen Sinne mit vorgehaltener Waffe) den Bräutigam zwingt, seine Tochter zu ehelichen. Darüber berichten wir im zweiten Teil unserer Serie »200 Jahre Werk des Föhrer Malers Oluf Braren«.

An jenem Freitag findet in Süderende die »Haus-Copulation« statt, wie man es früher nannte. Das Geschehen wird vom Föhrer Maler Oluf Braren (1787-1839), Bruder des Bräutigams, eindrucksvoll in einem Bild (38 x 49,3 cm) festgehalten. In der Bildmitte findet man das Brautpaar mit dem damaligen Pastor von St. Laurentii, Richard Simon Petersen (1768-1843). Links die Familie Braren, die in Oldsum eine Landwirtschaft mit Schmiede betrieb. Rechts die gastgebende Kapitänsfamilie Peters. Es ist also keineswegs eine Hochzeit auf Augenhöhe. Dies spiegelt sich in den Reaktionen der Anwesenden wider. Während die Barens dem Geschehen aufmerksam folgen (Oluf Braren hat sich und seine Frau Merret an einem Klapptisch sitzend selbst abgebildet), zeigt sich die Kapitänsfamilie gleichgültig bis respektlos. Es wird geredet oder sich gar abgewendet. Mittig zeigt eine Uhr, was die Stunde geschlagen hat. Brarens Bild drückt schonungslos die Ernsthaftigkeit des Moments aus. Die drei Hauptpersonen sind übertrieben groß gestaltet. Die Stimmung wirkt erdrückend. Doch scheinen die Vorzeichen noch so schwierig: Das Brautpaar wird bis zum Lebensende in dem Haus wohnen. Noch heute ist im Giebel des Hauses ein Maueranker mit den Initialen F.B. zu sehen.
Die mit Wasserfarben gemalte Volkslebensszene besticht durch die räumliche Aufteilung, ihre Detailgenauigkeit und eine harmonische Farbigkeit. Die Farben hat Braren vermutlich selbst hergestellt. Der mit Ölfarben gefertigte Hintergrund von Boden, Decke und Wänden sollte später jedoch großen Restaurationsbedarf fordern, da das Mischverhältnis nicht ideal war. Etwa zehn Jahre später sollte sich Oluf Braren an einer vergrößerten Darstellung der Hochzeitsszenerie versuchen, die jedoch nie fertiggestellt wurde. Die vorhandenen vier Bildteile verbrannten 1980 im Altonaer Museum.

Das Hochzeitsbild ist, nachdem Verwandte es im Jahr 1874 bei ihrer Auswanderung mit nach Amerika genommen hatten, seit 1983 wieder auf Föhr in Privatbesitz. Die Grabsteine des Brautpaars kann man auf dem Friedhof in Süderende sehen. Der Stein des Pastors steht den beiden gegenüber.

Die Oluf Braren-Serie in »WIR Insulaner« soll über das Leben und Werk des bedeutenden Föhrer Malers aufklären. Sie ist mit Hilfe der Forschungen der Ferring Stiftung in Alkersum und insbesondere des Buchs »Oluf Braren: Leben und Werk« von Joachim Taege entstanden, denen an dieser Stelle dafür gedankt sein soll. Für interessierte Leser ist das Buch in der Ferring Stiftung, im insularen Buchhandel und bei EDEKA Nissen in Utersum erhältlich.

Grabsteine der Eheleute Früd Braren (li.) und Krassen Braren in Süderende   Fotos: Andreas Hansen