Eine Insel vor Panama droht vom Wasser verschluckt zu werden Fotos (2): Peter Hering

Föhrer Vogelexperte Peter Hering berichtet über seine Erfahrungen:

Von der Antarktis durch den Panamakanal

26 Länder in 81 Tagen. 10.000 Fotos. Und ebenso viele Eindrücke. Vom 28. Januar bis zum 18. April dieses Jahres war der Nieblumer Vogelexperte Peter Hering auf der »MS Hamburg« unterwegs. Bei der Fahrt durch drei Klimazonen fiel schon die Auswahl an mitzubringender Kleidung schwer, denn von den erlaubten 40 Kilogramm Gepäck wog seine Fotoausrüstung bereits zehn Kilogramm. Erschwerend dazu kam, dass sich das Wetter in der Antarktis, wo man zu Beginn der Reise von Feuerland aus hinfuhr, am Tag 15 Mal ändern kann. Entsprechend »overdressed« fühlt sich Hering, als er dort statt der erwarteten -15°C bis -20°C mollige +10°C vorfindet.
Bevor es per Zodiac vom Hauptschiff auf den eisbedeckten Kontinent geht, wird jeder Passagier genau gebrieft: Kein Stein, keine Feder darf von dort mitgenommen werden. Man darf sich nicht hinknien oder hinsetzen. Schuhe werden desinfiziert, Sachen und Taschen sorgfältig abgesaugt. Doch was den Nieblumer dann erwartet, ist jede vorherige Mühe wert: Unzählige Robben und Walrosse mit Nachwuchs und endlich auch Vögel. Mit den schnell schwimmenden Eselspinguinen und den langschwänzigen Zügelpinguinen kann Hering die Anzahl seiner gesichteten Vogelarten weiter erhöhen. Bis heute hat er 210 verschiedene Vogelspezies gesichtet. Durch eine Verknüpfung seiner Kamera mit GPS-Daten kann Hering dabei genau nachweisen, wo er welchen Vogel wann abgelichtet hat.
An Bord zurückgekehrt, sind die Tierbeobachtungen längst noch nicht abgeschlossen. Ein Albatros mit einer Spannweite von 2,5 Metern folgt dem Schiff majestätisch. Ein Flügelschlag genügt, um eine große Strecke zurückzulegen. Fast das ganze Jahr verbringt er auf dem Meer. Für Europäer unbekannte Tölpelarten wie den Brauntölpel, den Maskentölpel oder den Weißbauchtölpel bekommt Hering vor die Kamera und auch ein 20 Meter langer Buckelwal zeigt stolz seine Schwanzflosse. Die Anordnung der Pocken darauf funktioniert wie ein Nummernschild beim Auto: Durch die Musterung kann man im Internet die zurückgelegten Strecken von über 1.000 Kilometern des Wals verfolgen.
Entlang der chilenischen Fjorde geht die Reise dann über Peru und Ecuador zum Panamakanal. In der Provinz Bocas Del Toro im Nordwesten Panamas mag der Nieblumer kaum seinen Augen trauen. Auf einer winzigen Insel – etwa so groß wie Gröde – wohnen die Bewohner Haus an Haus. Die Türschwellen liegen jeweils nur 30 Zentimeter oberhalb der Wasseroberfläche! Doch statt sich vor Hurricanes oder dem jährlich steigenden Meeresspiegel zu fürchten, lachen die Menschen dort viel, sind glücklich.
Immer mal wieder von Delfinschwärmen begleitet, geht es über Costa Rica, Kolumbien, Honduras, Guatemala, Belize und Mexiko nach Kuba. Auch hier herrscht Armut, vieles ist marode und kaputt. Die Not der Menschen sorgt dafür, dass immer wieder sogar Gefahr besteht beraubt zu werden. Trotzdem ist die Schönheit allgegenwärtig. Hering besucht den alten Landsitz von Hemingway – und erblickt die Bienenelfe, den mit fünf bis sechs Zentimetern und nur zwei Gramm Körpergewicht kleinsten Kolibri der Welt. Über eine Woche lang werden in der Nähe von Kuba verschiedene Inseln aufgesucht – immer in der Hoffnung, ein Café mit guter WLAN-Verbindung zu finden, wo man Fotos für Ehefrau Gesa und die Enkelkinder, die zu Hause per Webcams gespannt jede Bewegung des Schiffes verfolgen, hochladen kann.
Über Jamaika, wo Hering zum einen von Landschaft und Vegetation sehr angetan ist, zum anderen aber auch über die Vielzahl der nicht zu Ende geführten Bauten entsetzt ist, geht es langsam in Richtung Heimat. Vorher liegen noch die Bahamas, Bermuda, die Azoren und schließlich Portugal, Spanien, Frankreich, Großbritannien auf der Route. Je näher es nach Hause geht, desto bekannter sind für Peter Hering auch wieder die Vögel. Die Nacharbeit über all die per Kamera dokumentierten Spezies wird mindestens so lange dauern wie die Fahrt selbst.
Rundum zufrieden kehrt Hering schließlich Ende April wieder nach Föhr zurück. Doch was er nicht abschütteln kann, sind die Umweltschäden, die er mit eigenen Augen ansehen musste. All die großen herumschwimmenden Plastikteile auf der See lassen nur erahnen, wieviel Kleinstteile sich unterhalb der Wasseroberfläche befinden müssen. Viele Menschen in den von ihm besuchten Ländern wären sich der drohenden Weltkatastrophe in keiner Weise bewusst, sagt er, so dass all die Bemühungen zu Hause, ein nachhaltiges Leben zu führen, wie ein Tropfen auf den heißen Stein erschienen.
Atemberaubende Vogelbilder der Reise um die halbe Welt werden am 22. Juli im Nieblumer Friesendom im Lied »In der Ferne« bei einem Konzert von Birgit Wildeman zu sehen sein. Im Rahmen von »Föhr erLesen« wird an selber Stelle am 22. September ein ganzabendliches Orgelkonzert mit spektakulären Fotos unter dem Titel »Antarctica« stattfinden.

Ein Eselspinguin in der Antarktis

Peter Hering an Bord der MS Hamburg    Foto: Beate Scherer