Friedhofsführer Joachim Taege am restaurierten Grabstein eines Föhrer Gerbers

Umfangreiche Restaurierungsarbeiten auf Friedhof in Süderende:

Sprechende Grabsteine erstrahlen in neuem Glanz

Die »redenden« oder »sprechenden« Grabsteine von St. Laurentii in Süderende gehören nicht nur zu den großen touristischen Attraktionen der Insel, die Grabstelen des 17. bis 19. Jahrhunderts sind wichtige Zeugen der friesischen Volkskultur. Doch durch Verwitterung, Flechtenbewuchs und Frost sind einige der Steine nicht nur nicht mehr gut lesbar, sie drohen sogar zu verfallen.

Kirchen- und Friedhofsführer Joachim Taege, der sich über Jahre geschichtlich mit den Steinen auseinandergesetzt hat, sah die dringende Notwendigkeit einer umfangreichen Restaurierung und initiierte jetzt eine grundlegende Aufarbeitung einiger dieser steinernen Zeitzeugen. Doch wer zahlt dies alles und mit welchen Steinen fängt man an? Nachdem sich Taege zunächst für die Veränderungen die Zustimmungen der Kirchengemeinde, des Dezernats Bauwesen, Bau- und Denkmalpflege der Nordkirche sowie des Landesamts für Denkmalpflege eingeholt hatte, freute sich der ehrenamtliche Mitarbeiter von St. Laurentii, als ein Utersumer Kapitän in Verbindung mit dem »A Söleraanjer e.V.«, einem Süderender Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte, die Finanzierung des Projekts zusicherte. Taege suchte dann einige Steine aus, die ihm kunsthistorisch als besonders wertvoll erschienen, was die Gestaltung mit Zierelementen, Bekrönungsbildern und geschwungenen Buchstaben betrifft. Als Expertin für die Arbeiten vor Ort konnte die Diplom-Restauratorin Stephanie Silligmann aus Brunsbek bei Hamburg mit ihrem Team gewonnen werden.

Fünf Tage lang legte nun das aus drei Damen bestehende Restaurationsteam ein beeindruckendes Pensum zurück. Neun Stelen auf dem Friedhof wurden zunächst gründlich von Schmutz, Biofilmen und Moosen gereinigt, schadhafte Fugen wurden erneuert, Fehlstellungen an den Inschriften behoben, Risse aufgefüllt. Teilweise wurden durch die Arbeiten sogar bislang verborgene Schriften entdeckt oder neu lesbar gemacht. Um die Steine und den frischen Mörtel vor Feuchtigkeit und Sonne zu schützen, wurden die Stelen anschließend noch für einige Zeit durch Plastikfolien geschützt. An der Nordseite der Kirche sind Feldkopfsteine aus Granit (auch »Arme-Leute-Steine« genannt) gereinigt worden, daneben wurden 18 rote Sandsteinfliesen gesäubert und auf eine weitere Restaurierung vorbereitet. Da sich der Flechtenbewuchs auf diesen Steinen als problematisch herausstellte, sollen erst weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um etwaige Schäden zu vermeiden.

Eine besondere Aufmerksamkeit erhielt eine Bruchstelle an der Grabplatte der 1706 verstorbenen Marrina Flor im Inneren der Kirche. Direkt vor dem Altar, an exponierter und eher für Geistliche bestimmter Stelle, ist die »Mutter Theresa« von St. Laurentii mit ihren drei Kindern begraben. Die aus Bredstedt stammende Frau des damaligen Diakons Paul Flor genoss ein hohes soziales Ansehen, stellte unter anderem um 1670 am Eingang der Kirche einen noch heute dort anzufindenden Opferstock auf. Auf diese Weise konnte sie durch Kollekten Bedürftige und das Armenhaus unterstützen. Die Grabplatte von Marrina Flor wurde zunächst vom Restaurationsteam gereinigt und die Fuge rundherum geschlossen. Dann wurde der alte, unschön anzusehende Riss mit einer mineralischen Kittung neu ausgefüllt und der gelbe Sandstein anschließend farblich ausgeglichen. Durch die präzise, ästhetische Arbeit ist der Riss an der Grabplatte der verdienten Dame inzwischen deutlich in den Hintergrund gerückt.

In fünf arbeitsintensiven Tagen konnte das Brunsbeker Expertenteam diverse historische Grabsteine in Süderende, an denen der Zahn der Zeit sowie Wind und Wetter genagt hatten, erfolgreich an ihren ursprünglichen Zustand angleichen. Im kommenden Jahr sollen zusätzlich auch farbige Grabstelen genauer ins Auge genommen werden. Aufwendige Untersuchungen sollen vorab die originalen Farben erforschen. Mit Arbeiten wie diesen werden die Verstorbenen und das Leben, das sie geführt haben, im wahrsten Sinne des Wortes lebendig. Dies ist umso wichtiger, da ihre Nachfahren in den meisten Fällen noch heute auf Föhr leben.