Die ausstellenden Fotografen: Kris Scholz, Corina Gertz, Nicole Ahland (v.l.)    Foto: Andreas Hansen

Neue Ausstellung im Museum Kunst der Westküste:

»Erinnern« verbindet Altes mit Neuem

Schon mehrfach hat das Museum Kunst der Westküste (MKdW) gezeigt, welch wertvolle Früchte sein Artists-in-Residence-Programm abwirft. Mit der neuen Ausstellung »Erinnern« liefert das Museum erneut den optischen Beweis, dass das seit 2011 bestehende Künstlerprogramm ein voller Erfolg ist.

Eine sich in direkter Nähe zum Museumskomplex befindliche Doppelhaushälfte unter Reet wird den Künstlern für einige Wochen als Wohnung und Atelier zur Verfügung gestellt. Bewerben hierfür kann man sich nicht – man wird vom Museum ausgewählt! So haben die Künstler die Möglichkeit, in Ruhe und mit wachem Auge Föhr zu erkunden und sich innerhalb eines kreativen Prozesses mit der Bewahrung und dem Umgang des kulturellen Erbes auf der Insel zu beschäftigen. Die neue Ausstellung »Erinnern« präsentiert drei Fotografen, die ihren Aufenthalt in der Alkersumer Künstlerresidenz eindrucksvoll nutzen konnten. Das »inner« in »Erinnern« steht hierbei übrigens für die inneren Befindlichkeiten des Kunstschaffenden und denen des Betrachters.

Bereits viermal seit 2016 hat sich Nicole Ahland auf Föhr nach Orten der Erinnerung umgeschaut. Auf der Suche nach Häusern und Räumen, wo ein Umbruch anstand oder die abgerissen werden sollten. Stets sich ganz allein im Raum aufhaltend und lediglich das vorhandene Licht nutzend, ist Nicole Ahland auf der Suche nach der Lebensgeschichte, die die Menschen dort hinterlassen haben und die viel über die Gesellschaft der jeweiligen Zeit aussagt. So lässt beispielsweise das Foto eines Paares in dessen Schlafzimmer noch einmal die alte Geschichten aufleben, lässt aber auch nach vorne schauen: Was wollen wir bewahren?

Ebenfalls auf der Suche nach der Quelle der Identität ist Corina Gertz, die in ihrer Serie »Das abgewandte Porträt« Friesinnen in Tracht abgelichtet hat. Im Juni 2023 war sie auf Föhr sowie auf Amrum und hat dabei ihren Fokus besonders auf das Detail gerichtet. Die Kleidung der porträtierten Friesinnen dient als nonverbale Kommunikation. An ihr kann man viel ablesen. Das rote Dreieck verrät, dass die Frau verheiratet ist. Stoffe, Schmuck und Qualität zeigen auf, wie vermögend die Familie ist. Da die eigentliche Person nicht gezeigt und nur von hinten fotografiert wird, kann die Schönheit all dieser Details deutlich mehr in den Vordergrund treten.

Kris Scholz, der Lebenspartner von Corina Gertz, war ebenfalls im Juni 2023 auf Föhr und ist damals auf Entdeckungsreise gegangen, um Landschaften großformatig abzulichten. Hierbei benutzte der Fotograf in seiner Kamera Fotopapier statt Film. Durch die Papierstruktur erhalten die Schwarzweißaufnahmen eine seltsame Aura, wirken alt und erinnern eher an eine Zeichnung oder Radierung. Obwohl historisch anmutend, zeigen sie das aktuelle Föhr.

Die doch recht unterschiedlichen Arbeiten der drei Künstler sind im Obergeschoss des Museums gemischt aufgehängt. Trotzdem oder gerade deswegen zeigen sie eine gut funktionierende Verbindung. So wirken sie gemeinsam auf den Betrachter und regen ein Nachdenken über den Umgang mit Erbe, Traditionen und Werten an.

Die Ausstellung »Erinnern« läuft noch bis zum 1. Juni 2025.

Text: Andreas Hansen