In deutscher und friesischer Sprache abrufbar:

Mai 1927: Die fünfjährige Inge Ketelsen aus Oldsum zieht mit ihrer Mutter und ihren beiden jüngeren Schwestern nach Harlem, im Norden von New York City. Ihr Vater war schon einige Jahre vorher ausgewandert, hat es dort vom Milchmann zum Besitzer eines Feinkostladens geschafft. Inge spricht zu diesem Zeitpunkt noch kein Wort Englisch, nur Friesisch und Hochdeutsch. Zu dieser Zeit wohnt der achtjährige Hermann Rickmers noch auf Föhr. Auch er wird nach Harlem ziehen. Die beiden werden ein Paar, heiraten im New Yorker Ortsteil Queens im Juni 1944.
Soweit die Love Story, doch es ist das Drumherum, das gelebte Leben in jener Fremde, die zur Heimat wird, das den Podcast »Föhr nach New York – Eine Auswanderergeschichte« so faszinierend macht. Die Geschichte ist ein Prototyp, der sich auf viele Föhrer Familien dieser Zeit überstülpen lässt. Vielen Insulanern, die den Podcast hören, fällt es entsprechend leicht, sich in das aufgezeigte Leben hineinzuversetzen. Da ist der Föhrer und Amrumer Kranken- und Unterstützungsverein von 1884, der solidarisch Hilfe im Krankheitsfall bietet. Da ist die Weltwirtschaftskrise von 1929. Da ist der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Da ist der Einzug in den Krieg als GI gegen die ehemaligen Landsleute. Da ist die Rückkehr nach Föhr.
Die Lebensgeschichte von Inge und Hermann Rickmers ist ein Symbol für viele andere Geschichten, die nicht erzählt worden sind. Ihr Enkel, der Musiker und Produzent Bente Faust, hatte oft mit seiner Oma drüber gesprochen und einige dieser Gespräche aufgezeichnet. Bereits durch ein Buch über seinen Urururopa, Kapitän Jürgen Rickmers, hatte Bente Faust im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt. Da diesmal die friesische Sprache eine wichtige Rolle spielen sollte, wandte sich Faust mit seiner neuen bunten Idee an die Ferring Stiftung. Diese sorgte dafür, dass die Friesenstiftung des Landes Schleswig-Holstein ihre Unterstützung zusicherte, sodass das Projekt schnell Fahrt aufnahm. Bente Faust forschte fleißig im Alkersumer Archiv. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Journalisten Daniel Hautmann, mit dem er in Hamburg das Audio-Label »Honig & Gold« betreibt, wurde Stück für Stück der Text ausgearbeitet. Das Weltgeschehen wurde mit eingebracht, was dem Ganzen Tiefe verlieh. Stets wurden dabei Rückmeldungen aus Alkersum eingeholt. Der NDR kam hinzu, weshalb die Reichweite wesentlich erweitert werden konnte. Als der Rohbau der hochdeutschen Version samt Hintergrundgeräuschen stand, wurde das Skript im Sommer zusätzlich ins Friesische übersetzt. Und gewann dadurch in großem Maße. Auf diese Weise wurde vieles authentischer. Beispielsweise bei der Abschiedsszene am Kai, als Hermann Rickmers in den Krieg in Richtung Normandie zieht, wurde damals mit Sicherheit nicht Englisch, auch nicht Hochdeutsch, sondern Friesisch gesprochen.
Der in der ARD-Audiothek seit Anfang November verfügbare Podcast ist in Windeseile ein großer Erfolg geworden. Täglich erhält Bente Faust Rückmeldungen von Hörern aus verschiedenen Teilen Deutschlands, die der Podcast berührt hat. Doch neben diesen persönlichen Emotionen, zeigt »Föhr nach New York« zusätzlich deutlich auf, dass es Migration, dass es Wirtschaftsflüchtlinge schon immer gegeben hat.