Ben Willmann macht bei »VW Economy Service Kornkoog« eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker.

Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig, auch auf der Insel. Während viele Branchen händeringend nach qualifiziertem Personal suchen, bietet eine traditionelle Säule der Wirtschaft eine überraschend moderne und vielversprechende Antwort: Das Handwerk. Wir haben mit Auszubildenden gesprochen, warum sie sich für einen Handwerksberuf entschieden haben. Und was ihnen bei der Entscheidungsfindung geholfen hat.
Oft ist es ein Praktikum, das mehr ist als nur ein Hineinschnuppern. Man packt mit an und bekommt ein realistisches Bild davon, was die Ausbildung und der spätere Beruf mit sich bringen: Ob als Bäcker, Maurer, Elektroniker, Tischler, Zimmerer, Anlagenmechaniker oder Kfz-Mechatroniker.

Das Handwerk war und ist immer noch gefragt. Doch wer an das Handwerk denkt, hat oft das Bild vom staubigen Blaumann und schwerer, monotoner Arbeit vor Augen. Doch diese Vorstellung gehört längst der Vergangenheit an. Das moderne Handwerk ist digital, innovativ und bietet jungen Menschen beste Zukunftsperspektiven. Die Handwerkskammer Flensburg, die Kreishandwerkerschaft Nordfriesland und die Agentur für Arbeit arbeiten intensiv daran, sie für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Ein Praktikum im Handwerk ist dafür die beste Voraussetzung. Auch das Land Schleswig-Holstein hat erkannt, wie wichtig Praktika für die Berufsorientierung sind, und unterstützt Schülerinnen und Schüler mit einer attraktiven Prämie.

Wer seine Ferien nutzt, um mindestens fünf Tage lang einen Handwerksbetrieb kennenzulernen, kann sich eine Praktikumsprämie von 120 Euro sichern. Man bekommt dabei nicht nur Einblicke in einen potenziellen Ausbildungsberuf, sondern wird für sein Engagement auch finanziell belohnt. Eine gute Möglichkeit also, sein Taschengeld aufzubessern und gleichzeitig etwas Sinnvolles für seine berufliche Zukunft zu tun.
»WIR Insulaner« wollte einmal von Auszubildenden im Föhrer Handwerk wissen, ob und wie ein Praktikum die Entscheidung für ihren Beruf maßgeblich beeinflusst hat.
Ben Willmann (18) ist beim »VW Economy Service Kornkoog« in Wyk im dritten Ausbildungsjahr. Wie er sich erinnert, wollte er schon immer etwas mit Autos machen. Zuvor schnupperte er aber in seinem Ausbildungsbetrieb in einem zweiwöchigen Praktikum in den Beruf des Kfz-Mechatronikers hinein. Er wollte einmal erfahren, was im »Tagesgeschäft« alles auf ihn zukommt, ob diese Berufswahl auch wirklich die richtige für ihn ist. Direkt nach dem Praktikum war das für ihn klar. Seine Entscheidung hat er bis heute nicht bereut. Vielmehr sieht er seine Zukunft nicht nur als Geselle, sondern will sich weiterbilden und vielleicht auch einmal den Meisterbrief erwerben.
Heizung, Sanitär und Solar: Das sind die Schwerpunkte eines Anlagenmechanikers. Zwei Auszubildende und ein Praktikant sind derzeit bei der Bohn Haustechnik GmbH in Wyk beschäftigt. Geschäftsführer Rochus von Stülpnagel würde gern mehr junge Leute ausbilden, es fehlt aber an Bewerbungen. »Früher hatten wir in jedem Ausbildungsjahr mindestens einen Auszubildenden«, erklärt er.
Bevor Jeppe Milarch (16) bei »Bohn Haustechnik« seine Ausbildung begann, hat er Schul- und auch Ferienpraktika absolviert, unter anderem als Lagerist und Tischler. Der Beruf des Anlagenmechanikers passt für ihn aber einfach. Das hat er in einem weiteren Praktikum herausgefunden. »Schon mein Opa war Klempner«, sagt er und fügt hinzu, dass Handwerker immer gebraucht werden. Ein Handwerksberuf bedeutet für ihn deshalb Sicherheit für die berufliche Zukunft.
Oliver Richter (21) kommt aus der Nähe von Leipzig und ist im zweiten Ausbildungsjahr. In seinem ersten Beruf war er Maschinenführer in einem Industriebetrieb. Doch das war ihm zu eintönig, weshalb ihn sein Weg zu »Bohn Haustechnik«, wo auch sein Vater arbeitet, nach Föhr führte. Hier wollte er in einem zweiwöchigen Praktikum herausfinden, ob der Anlagenmechaniker etwas für ihn ist. Das war der Fall, weshalb er auch nach seiner Ausbildung in diesem Beruf bleiben will.
Curtis Below (16) macht gerade ein Jahrespraktikum in vier Handwerksbetrieben, das auch von Firmen auf Föhr angeboten und mit 400 Euro pro Monat entlohnt wird. Er war schon bei »Maler Brodersen« in Alkersum, bei »Rechert Elektrotechnik« in Wyk und in der »Tischlerei M.Jensen« in Alkersum – und ist jetzt bei »Bohn Haustechnik«. Jetzt schwankt er zwischen zwei Berufen, zwischen dem des Malers und des Anlagenmechanikers. In beiden Betrieben könnte er auch eine Ausbildung beginnen.
In der Bauunternehmen Helmut Brodersen GmbH, bei ihrem Vater Frank Brodersen, ist Yorke Bodersen (17) im ersten Ausbildungsjahr als Maurerin. Mit ihr sind es in diesem Unternehmen drei Azubis, zwei im ersten und einer im dritten Ausbildungsjahr. »Das sind heutzutage allgemein viel zu wenig«, so Frank Brodersen. Gern würde man in jedem Jahr mindestens einen Auszubildenden haben – wie in früheren Zeiten
Vor ihrer Berufswahl hat Yorke Brodersen verschiedene Berufspraktika gemacht und wollte eigentlich Fliesenlegerin werden. Zwar gibt es jetzt im väterlichen Betrieb einen Fliesenleger, doch damals war das auf Föhr nicht möglich. Weshalb die 17-Jährige die Ausbildung zur Maurerin begann – und auf jeden Fall abschließen will. Danach strebt sie ihre zweite Ausbildung als Fliesenlegerin an und benötigt dafür nur zwei Jahre, weil die Ausbildung zum Maurer und Fliesenleger im ersten Jahr die gleiche ist.
Yorke Brodersen nimmt an der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) der Kreishandwerkerschaft teil. Diese spielt eine entscheidende Rolle in der Ausbildung unter anderem zum Maurer oder Zimmerer. In der ÜLU lernt man zum Beispiel spezielle Techniken im Mauerwerksbau, die im Betrieb nicht täglich angewendet werden, aber wichtig für die Gesellenprüfung sind. Geübt wird auch der Umgang mit verschiedenen Kran- und Hebesystemen, was auf den Baustellen aus Sicherheitsgründen oft nicht so intensiv möglich ist.
Ob Tischler, Zimmerer oder Dachdecker: In allen drei Berufen wird bei Zimmerermeister Tade Hassold in Oldsum ausgebildet. Zwei Auszubildende gibt es derzeit, einen Tischler und einen Zimmerer. Zwei Auszubildende kommen in der Zimmerei jetzt hinzu. Beide haben zuvor ein Ferienpraktikum gemacht, der eine zwei und der andere eine Woche – bis die Entscheidung gefallen war.
Schon der Vater, Opa und Uropa von Martin Martinen (18) waren Tischler. Nachdem der Amrumer zuvor unter anderem in einem Fahrradverleih arbeitete, wollte auch er in einem Praktikum in den Osterferien diesen Beruf einmal kennenlernen. Danach stand für ihn fest, dass auch er Tischler werden wollte. Nun ist er bei Tade Hassold im zweiten Ausbildungsjahr. Und ist sehr froh darüber, dass er diese Entscheidung getroffen hat. In diesem Beruf sieht er seine berufliche Zukunft.