Krabben sind das Thema von Andreas Petzold in diesem Monat.

Viele gehen eher achtlos an dem kleinen Backsteinhaus vorbei, wenn sie von der Fischmarktkaje über die Treppe zum W.D.R.-Gebäude wollen oder umgekehrt. Und machen sich meist keine Gedanken über Sinn und Zweck dieses Gebäudes, wobei es einige – meist Insulaner – wissen, dass es sich hierbei um das ehemalige W.D.R.-Flaggenhäuschen handelt. Der Multi-Media-Künstler Andreas Petzold, bekannt unter seinem Künstlernamen PAN, der in Nieblum das Atelier »Kunsteins« betreibt, hat es jetzt für Kunst und Kultur auf kleinstem Raum entdeckt.

Das fünf Quadratmeter große Areal, das vom Kooperationspartner W.D.R. zur Verfügung gestellt wird, kann sich mit der »Hummer-Bude 36« auf Helgoland, dem »Trafohäuschen« im Ort Regenmantel, 20 Kilometer nordwestlich von Frankfurt an der Oder, der »James Art Wall« in Flensburg oder der »Kunstvitrine« in Düsseldorf messen lassen. Alle werden bei der Googlesuche als »Kleinste Galerien Deutschlands« genannt. Die Föhrer Galerie, die durch die Fenster 24 Stunden am Tag kostenlos Einblicke gewährt, reiht sich hier nun ein. Und was war zur Ausstellungspremiere zu sehen? Das waren »Geisterschiffe – Made on Föhr«. Inspiriert von Geisterschiffen wie der »Mary Celeste« oder dem »Fliegenden Holländer« hatte der Künstler der Dada- und Fluxus-Bewegung dafür im vergangenen Jahr 500 ganz unterschiedliche Unikate geschaffen. Dass die Galerie eigentlich geschlossen ist, wollten viele nicht verstehen. Der Arbeitstitel »5m² Einblicke in Kunst und Kultur« musste deshalb mehrfach in den Blickfeld der Betrachter gerückt werden.
Deutschlands Aufzuchtstation für kreative Krustentiere liegt nun auf der nordfriesischen Insel Föhr! Unter dem Motto »Krabbensalat« ist das die neue Ausstellung in einer der kleinsten Galerien Deutschlands. »Krabben (Crabs) sind die höchst entwickelten Krebse«, so Andreas Petzold. Sie gehörten zu den Krustentieren, denn ihre Körper würden von harten Schalen geschützt. Man unterscheide »Echte Krabben« und »Scheinkrabben«. In Europa am weitesten verbreitet seien Taschenkrebse und Strandkrabben, erklärt er.

CRABS BY PAN – und da gezielt die gemeine Dada- oder Fluxus-Krabbe – kommen ausschließlich rund um die nordfriesische Insel Föhr vor. Ihre Zuchtstation ist das Atelier »Kunsteins«. So vielfältig ihre Gattungen in der Natur auch vorkommen, so vielfältig werden sie dort kreativ verarbeitet. Genauer formuliert: Als »künstlerisches Produkt designed, created, printed and finished on Föhr«. »Die Welt der schönen Künste nimmt sich heraus, sie sichtbar zu machen«, sagt Petzold frei nach Paul Klee.
Ihre Silhouette erschrickt dabei allerdings nicht nur Wattwanderer, sondern an Land auch Museums- und Galeriebesucher. Vereinzelt wurden Schmarotzer-Raubmöven beobachtet, die ihren Angriff aus der Luft wegen martialischer Drohgebärden der Dada- oder Fluxus-Krabbe frühzeitig abbrechen mussten. Auch Artverwandte aus der zeitgenössischen Kunstszene sind vor den Attacken dieser gemeinen Krabbenart nicht sicher. Mit ihren messerscharfen Scheren hält sie nicht nur ihre Fressfeinde fern, sondern verarbeitet sie und andere unliebsame Gesellen auch sehr gern zu einer Form Materialcollage auf friesische Art.
Wie bei vielen anderen Konzepten, dem Musikpavillon am Sandwall in Kooperation mit der Föhr Tourismus GmbH, »Der blaue Stuhl« auf Föhr, der 2024 plötzlich zum Highlight bei den deutsch-dänischen Kulturtagen und schließlich in Hamburg und im Rhein-Main-Gebiet nicht nur zum Hingucker wurde, sind Partizipation und Kommunikation ein wesentlicher Teil der künstlerischen Arbeit von Petzold, die sich an Fluxus und Dada orientiert und immer wieder für Fragen und Heiterkeit, aber auch für Irritation sorgt. Insbesondere wenn sie gleichzeitig an zwei Orten ihre Spuren hinterlässt. In Wyk auf Föhr und in Wiesbaden, der ehemaligen Heimatstadt von Andreas Petzold. Und wer weiß, vielleicht taucht auch der »blaue Stuhl« im Flaggenhäuschen und in der hessischen Landeshauptstadt eines Tages wieder auf?

Das Flaggenhäuschen – jetzt eine der kleinsten Galerien in Deutschland.