Karima Meynköhn beim Unterricht im Reedereigebäude  Fotos: Andreas Hansen

Exklusiv-Interview mit der Leiterin der VHS Insel Föhr:

Karima Meynköhn zu ihren Sorgen über die Volkshochschule

Andreas Hansen, Mitarbeiter von »WIR Insulaner« sprach mit Karima Meynköhn. Leiterin der Volkshochschule auf Föhr, über aktuelle Themen der VHS Insel Föhr. Dabei kamen auch die Sorgen zur Sprache.

WIR: Moin Frau Meynköhn, erholt sehen Sie aus. Waren Sie in Urlaub?

K.M.: Ich war in der winterlichen Sonne Nordspaniens. Wir machen mit der Volkshochschule in jedem Jahr eine Reise am letzten Wochenende des Monats November; das heißt, immer am 1. Advent. Diesmal war Bilbao der Ausgangsort. Wir fuhren von da für einen Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach San Sebastian. Und dann auch nach Gernika. Und am Ende der Reise noch für drei Tage nach Santiago de Compostela. Wir hatten herrliches Wetter, außer einem wahnsinnigen Regentag in Santiago de Compostela. Doch da besuchten wir gerade das Museum der Kathedrale und hatten das Wasser erst vorgefunden, als wir schon wieder herausspazierten (lacht).

WIR: Die Reisen der VHS haben seit Ende der 70er Jahre eine große Tradition. Nach welchen Gesichtspunkten wird so eine Reise ausgewählt?

K.M.: Seit ich 2004 anfing, diese Reisen anzubieten (die erste ging im Frühling nach London) möchte ich den Leuten immer eine kleine, feine Kulturreise bieten. Wir reisen an einen Ort, der sehr viel Kultur bietet, wo jedoch jeder aus verschiedenen Modulen wählen kann. Man kann also jede Veranstaltung mitmachen – dies beschränkt sich jedoch auf eine Veranstaltung am Tag – oder auch eigenständig etwas unternehmen. Wer möchte, kann auch früher ab- oder weiterreisen. Gemeinsame Abendessen finden nicht mehr statt. Damit habe ich aus Erfahrung aufgehört.

WIR: Nun ein anderes Thema. Inwieweit hatten die Entwicklungen der letzten Jahre und Monate – sprich Corona und Energiesparen – Einfluss auf das VHS-Angebot?

K.M.: Das Angebot selbst ist geblieben. Nur die Nachfrage hat sich verändert. Die Teilnahme, die zwar besser ist als 2020/21, lässt immer noch zu wünschen übrig. Die Leute sagen: »Toll, dass es uns gibt. Toll, wie viele Bereiche mit sehr guten Vorträgen ausgestattet sind.« Aber es kommen zu wenig Leute. Und das können wir langfristig nicht durchhalten.

WIR: Wie hat es sich auf die Finanzen (sprich Kurseinnahmen) ausgewirkt?

K.M.: Es gibt einen Betrag, der sich auf mindestens acht Teilnehmer bezieht. Wenn das jetzt weniger sind, wie zum Beispiel bei Konversation Englisch, dann werden die fehlenden Gebühren auf die anderen Teilnehmer aufgeteilt. Daraus bezahlen wir den Dozenten, wobei wir schon versuchen, das so zu kalkulieren, dass wir auch ein bisschen Gewinn haben.

WIR: Für welche Personengruppen gibt es speziell Folgen von Corona? Wie ist es mit Kindern?

K.M.: Wir haben eigentlich selten Kinderkurse. Die hatten wir in meinen Anfangsjahren, sie haben sich dann aber nicht bewährt. Wir hatten einmal einen sehr netten Bauchtanzkurs, auch Malkurse. Jetzt bieten wir Yogakurse für Kinder an. Mal sehen, wie sie angenommen werden. Doch leider hat sich herausgestellt, dass entweder die Kinder nicht den langen Atem und wir vielleicht nicht das richtige Angebot hatten oder es nicht in den Zeitplan der Eltern passte. Für wen es sich sehr verändert hat – nicht weil wir es nicht mehr anbieten, sondern weil die Nachfrage nicht da ist – sind die Senioren. Die Senioren kommen einfach nicht mehr. Das wundert mich sehr, denn die Leute gehen nach wie vor gern an Orte, wo sie sich nachweisbar am meisten anstecken. Kaffeekränzchen, in engen Orten sich aufhalten. Bei der Volkshochschule haben wir einen großen Raum für Vorträge. Wir machen zwischendurch die Tür auf, die Leute können mit Maske kommen. Aber das ist unser Problem. Das ganz große Beispiel ist »English for Seniors«.

WIR: Wie schwer ist es, neue Kursleiter zu gewinnen? Wie nimmt man jemanden, der gut nähen kann, die Angst zu unterrichten. Es sind schließlich meist keine Lehrer?

K.M.: Das ist ein gutes Beispiel. Aber das gibt es im Moment nicht auf Föhr – und ist mit viel Aufwand verbunden. Die Kursleiter rufe ich an, da bin wie ein Bullterrier, der da nicht mehr loslässt. Es ist sehr, sehr schwierig. Wenn ich Leute von auswärts habe – die kosten natürlich auch viel mehr – so wollen die alle zu einer Zeit kommen, in der sich Föhr nett präsentiert. Das heißt ab dem Frühjahr bis Herbst. Dann funktioniert das nicht. Einmal ist das nicht unser Semester und die Insulaner, die eigentlich unser Kernpublikum sind, haben dann keine Zeit. Und es wird in der Zeit dann auch zu viel angeboten.

WIR: Sie bieten Deutsch als Fremdsprache an. Sie sind eine Weltreisende. In Linz geboren und zur Schule gegangen, in England die Ferien verbracht, in London, Schottland und Mexiko studiert, in Afrika gelebt. Sie können sich vermutlich gut hineindenken, wie es ist, in der Fremde zu leben. Hilft Ihnen das?

K.M.: Es hat mich geschult, mich in Mikrokosmen einzuleben. Dabei habe ich eine gewisse Technik entwickelt, mich nicht einverleiben zu lassen und mich auch nicht in die erste Reihe zu stellen. Ich engagiere mich für die Gesellschaft, ich bin interessiert an der Gesellschaft, wo immer ich auch bin. Auch schon als junger Mensch während meines Studiums und dann auch sehr explizit in Afrika. Und das versuche ich auch hier zu machen. Und trotzdem eine gewisse Privatsphäre und Anonymität zu wahren.

WIR: Auch die aus dem Ausland Zugewanderten merken: Auf Föhr zu leben ist anders als in Kiel oder Hamburg. Wie lange haben Sie damals gebraucht, um hier anzukommen?

K.M.: Wie gesagt, ich habe nicht lange gebraucht, weil ich eben diese Technik habe und auch keine Ansprüche an meine Umwelt stelle. Ich bin so groß geworden: Zuerst musst du geben und dann kommt auch viel zurück.

WIR: Bald ist Weihnachten. Wenn Sie sich etwas für die VHS Föhr aussuchen könnten, was aber aus finanziellen oder anderen Gründen nicht machbar ist, was wäre das?

K.M.: Ich habe eigentlich keine Wünsche für die Volkshochschule, die mit Geld zu tun haben. Ich würde mir vor allem – vor allem dreimal unterstrichen – wünschen, dass mehr Leute zu unseren Veranstaltungen kommen. Und dann brauche ich mir auch über die Finanzen keine Sorgen mehr zu machen. Ich würde mir wünschen, dass die Leute sich auf ihrem Smartphone – und jeder hat heute eins – sich einen Kurs aussuchen und das, was sie sich in der Emotion ausgesucht und vorgenommen haben, auch in die Tat umsetzen. Dass sie nicht so unverbindlich bleiben, sondern vielmehr die Arbeit des VHS-Teams mit Paula Petersen und mir mehr geschätzt wird. Ich bekomme zwar Respekt; ich weiß, dass den Leuten das gefällt. Das wird mir immer sehr deutlich gesagt. Aber dann auch wirklich zu erscheinen und zu sagen: Ich hätte zwar woanders auch noch eine Einladung gehabt, aber ich gehe hin, weil ich weiß, dass sie da ist. Dass sie vorher fegt, dass sie nachher fegt. Dass ich mich bemühe, dass ich jeden begrüße und jedem etwas mit auf den Weg gebe. Ich würde mir einfach mehr Leute wünschen. Das ist mein ganzer Wunsch. Mehr wünsche ich mir nicht.

WIR: Vielen Dank für das Gespräch.