Lag 30 Jahre lang im Wyker Hafen: Die »Polar«  Foto: Sascha Giesecke

Havarie der »Polar« auf Überführungsfahrt in neue Heimat:

Ein historisches Schiff hat Föhr verlassen

Knapp 30 Jahre lang gehörte sie zum Hafenbild der Stadt Wyk. Ein Vierteljahrhundert lang war die »Polar« oder HF 476 (HF steht für Küstenfischerei Hamburg-Finkenwerder) treuer Gastgeber für schöne Angeltouren. Dann erwarb Sascha Giesecke Anfang 2018 die »Polar«, arbeitete ein Jahr lang an der Substanz, entfernte mit der Hilfe von Freunden Rost, erneuerte den Anstrich und ließ sie in einer Husumer Werft überholen. Gieseckes Pläne mit dem Schiff waren groß, er träumte von einem Trip zum Mittelmeer mit seinem inzwischen zum Wohnschiff umgebauten Fischkutter. Doch dann kam Corona. Die geldlichen Mittel schwanden, die laufenden Kosten blieben, Unterstützung fehlte. So fiel der schwere Entschluss, den Kutter zu verkaufen.
1943 in Swinemünde als KFK 188 (KFK = Kriegsfischkutter) gebaut und mit Flakgeschützen vorn und hinten ausgestattet, wurde das Schiff zunächst für die Deutsche Kriegsmarine als Hilfskriegsschiff eingesetzt. Bei Kriegsende lag der KFK in Aalborg/Dänemark und wurde den Amerikanern unterstellt. Bei HAPAG in Hamburg erfolgte dann ein Umbau zum Fischkutter. Ab 1947 hieß er dann »Rosengarten« beziehungsweise HF 476. Im Mittschiff (wo später die Kabinen entstanden) befanden sich 20.000 Liter fassende Fischtanks, in denen insbesondere Tunfische in Salzwasser bis zum Anlanden schwimmen konnten. Über Kappeln und Arnis gelangte der inzwischen außer Dienst gestellte 120 Tonnen schwere Fischkutter 1994 schließlich nach Wyk. Die Föhrer Nahmen Jensen, Emil Junge und Dieter Menster hatten das Schiff bei der Otto-Eberhard-Werft in Arnis in Empfang genommen. Zu Hause erfolgte dann sogleich die Umbenennung in »Polar« – und ein neues Leben als Ausflugsschiff für passionierte Angler begann. Unvergessen bleiben schöne Touren nach Norwegen, Edinburgh und Kolberg in Polen.

Keiner ahnte, welches Drama der »Polar« bevorstand, als diese dann Ende September den Wyker Hafen für immer verließ, denn vier Seemeilen vor Büsum lief das Schiff auf Grund. Wasser war im Bug eingedrungen. Eine Lenzpumpe, in der ein Stück Holz eingeklemmt war, hatte versagt, so Giesecke, der von Wyk aus half, den Seenotrettungskreuzer »Theodor Storm« zu alarmieren. Nachdem der Bug leergepumpt werden konnte, wurde das Schiff langsam nach Büsum geschleppt, wo sicherheitshalber bereits die Feuerwehr wartete. Nach fünf Tagen in der Marscheider Werft in Büsum, wo auch eine beschädigte Kühlleitung entdeckt worden war, konnte die Reise über den Nord-Ostsee-Kanal und Fehmarn nach Greifswald in die neue Heimat fortgesetzt werden. An Bord des Schiffes im dortigen Museumshafen wollen die neuen Schiffseigentümer, nachdem der Kutter restauriert worden ist, ihren Lebensmittelpunkt verlegen. Sicher werden dann in der mit viel Mahagoni-Holz ausgestatteten Bordküche noch viele schöne, mit Seemannsromantik gefüllte Stunden verbracht werden.